Albert Schamoni

1906 – 1945

Gedichte

Albert Schamoni hat Zeit seines Lebens Gedichte geschrieben, auch wenn die bildnerische Produktion immer im Vordergrund stand. Hier seien zunächst nur vier Gedichte aus der letzten Phase, der Kriegszeit, vorgestellt.


Stalingrad 1943

Am eis'gen Strome standen wir verloren,
Vom grimm'gen Feinde rings umschlossen.
Nun liegen wir erschlagen und erschossen,
Zerfetzt, verhungert und erfroren,
Der weiße Schnee von rotem Blut durchflossen.
Es gelle unser Todesschrei Dir in die Ohren:
Oh Deutschland, wozu hast du uns geboren!

					21. 2. 1943 

Das Eherne Zeitalter von Rodin

In sagenhafter Ferne liegt die gold'ne Zeit,
Da Gott und Mensch und Tier noch Brüder waren.
Und auch die Silberne ist unermeßlich weit,
Jäh ist der Blitz in uns gefahren.

Ein Blitz, der unser Herz verbrannte
Und unsre Augen blendete.
Der unsern Blick zum Boden wendete
Und unsre Göttergleichheit endete.

So stehst du nun und solltest ehern sein,
Damit du nicht zerbrichst beim harten Schlag.
Ein Täter nicht zu sein hab Mut und wag
Zu schreiten reinen Herzens in das Dunkele hinein!

					25. 4. 1943
					Kriwoi-Rog

Die Morgendämm'rung führt den kurzen Tag herauf,
Ein neues Jahr für dich beginnt den müden Lauf.
Am großen Strome ballen Nebel sich zuhauf.
Du schaust nicht weit in diese Welt und Zeit.
Drei Schritte stehst vielleicht du vor der Ewigkeit.
		   Drum sei bereit!
	
				In der Frühe des 20. Okt. 1944
				im Weichselbogen

1945

Nun geht das alte Jahr zu Ende.
Es wusch in Tränen seine blut'gen Hände. 
Es warf ins Land, ins Herz die gift'gen Brände:
Nur Trümmer noch und rauchgeschwärzte Wände.

Wär' doch das neue Jahr die langersehnte Wende!
Daß sich für uns ein Gott voll Gnade fände,
daß Nacht und Gift aus allen Herzen schwände
Und mit dem Neuen Jahr ein Neuer Mensch erstände!

					Neujahrstag 1945